Die ältesten archäologischen Funde lassen darauf schließen, dass Leinsamen bereits vor etwa 7500 Jahren Bestandteil der menschlichen Ernährung waren. Dank der vielen gesundheitlichen Vorzüge fand die Pflanze in vielen Schriften Erwähnung. Sie wird unter anderem von dem griechischen Arzt Hippokrates (460-370 v. Chr.), dem römischen Gelehrten Plinius der Ältere (24-79 n. Chr.), von der Heiligen Hildegard von Bingen (1098-1179) erwähnt.
Lein- und Chia Samen haben einen äußerst ähnlichen Gehalt an der wertvollen Alpha-Linolensäure (ALA), der sogenannten mehrfach ungesättigten Fettsäure, die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren gehört. Im Durchschnitt enthalten Chia Samen bis zu 40 Prozent Öl. An diesem hat die Alpha-Linolensäure einen Anteil von etwa 64 Prozent. Leinsamen hingegen haben einen Anteil von etwa 58 Prozent an der Alpha-Linolensäure. Somit enthalten Chia Samen einen Tick mehr von der wertvollen Omega-3-Fettsäure. Übrigens ist Leinöl für seinen „fischigen“ Nachgeschmack bekannt. Vielleicht ein Grund dafür, warum das Öl in der Küche gemieden wird. Chiaöl hingegen schmeckt mild und dominiert nicht den Geschmack der Speisen.
Enthalten Leinsamen bedenkliche Inhaltsstoffe?
Außerdem enthalten Leinsamen eine ganze Reihe von Inhaltsstoffen, die für die Gesundheit von Mensch und Tier als gesundheitlich bedenklich eingestuft wurden. Dafür verantwortlich sind unteranderem die Pflanzengifte namens „Cyanogene Glykoside, wie z.B. Linustatin, Limarin und Neolinustatin“, Antagonisten von Vitamin B6 sowie Inhibitoren von Trypsin. Wegen der leichten Verfügbarkeit und des niedrigen Preises von Leinsamen zu Chia Samen, wurden Versuche durchgeführt, um Chia mit Leinsamen bei der Fütterung von Hühnern zu ersetzen. Leinsamen konnten sich als Hühnerfutter nicht durchsetzen, weil sich die Fortpflanzungsrate reduziert hat.
Dafür verantwortlich war der Inhaltstoff Secoisolariciresinol Diglucosid (SDG). Außerdem nahm die Geflügelfleischqualität ab. Zudem nahm der Gehalt an der Alpha-Linolensäure im Eigelb ab. Darüber hinaus wurden Chia Samen als Futter für Schweine und Kaninchen getestet, was zu einer Zunahme der mehrfach ungesättigten Fettsäure beigetragen hat und zu einer Verbesserung der Fleischqualität. Man fand auch heraus, dass Hühner, die mit Chia gefüttert wurden, den höchsten Gehalt an Alpha-Linolensäure hatten als im Vergleich zu Hühnern, die mit Leinsamen gefüttert wurden. Zudem konnte man eine Abnahme des Cholesterinspiegels in Eiern und Fleisch beobachten. [4]
Sind Leinsamen schädlich für Schwangere?
Es bestehen Hinweise, dass der Konsum von Leinsamen durch Schwangere das Risiko für Frühgeburten erhöhen und die Fortpflanzungsrate beeinflussen könnte. Verantwortlich dafür ist der Inhaltsstoff SDG, Leinsamen sind eine der reichhaltigsten Quellen davon. [5] Die US-amerikanische Behörde für Lebensmittelüberwachung (FDA) hat Samen des Flachses nicht als Lebensmittel zugelassen, jedoch auch nicht verboten. Dies bedeutet, dass die Firmen die Leinsamen als Zutaten durchaus verwenden dürfen, aber bei auftretenden Schäden auch dafür haften müssen. Der menschliche Konsum von Leinsamenöl ist seit 1973 in Frankreich verboten und ist in der Schweiz und in Belgien eingeschränkt. [6] Auch Befürworter von Leinsamen raten zur Vorsicht, was die zugeführten Mengen betrifft.
Zusätzliches Vitamin E notwendig?
Wie bereits schon erwähnt, sind die mehrfach ungesättigten Fettsäuren anfällig für eine Oxidation. Die einfach ungesättigten Fettsäuren hingegen, wie z.B. Olivenöl, sind weniger anfällig. Deshalb gilt, je mehr wir von mehrfach ungesättigten Fetten (Omega-3 und Omega-6) essen, desto mehr müssen wir auch von Vitamin E zu sich nehmen, um diese ungesättigten Fette im Körper stabil zu halten. [7] Dr. Ulrich Strunz und Andreas Jopp schreiben in ihrem Buch „Fit mit Fett“ (S. 169, 3 Auflage), dass man beim Verzehr von omega-3-fettreichem Fisch, Walnüssen und Leinöl ein zusätzlicher Bedarf an Vitamin E bestehe.
Chia Samen hingegen sind auch in dieser Hinsicht den Leinsamen überlegener, denn sie liefern nicht nur reichlich mehrfach ungesättigte Fettsäuren, sondern gleichzeitig auch jede Menge Vitamin E, die dafür sorgen, dass die empfindlichen Fettsäuren nicht oxidieren. Somit sind Sie mit Chia Samen auf der sicheren Seite. Anders als bei Leinsamen, fand man bei Chia bis dato keine gesundheitsschädigenden Substanzen, die die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigen könnten. So könnte man sich auch fragen, wieso man ausgerechnet bei Chia so ein Spektakel um die Verzehrmenge macht und bei den Leinsamen wiederum nicht.
Einzelnachweise
► [4] Chia Samen als Tierfutter [Quelle: NCBI]
► [5] Fortpflanzungsrate durch den Konsum von Leinsamen gefährdet [Quelle: JN – THE JOURNAL OF NUTRITION]
► [6] Wild-type Food, Autoren: PhD Fabien DeMeester & PhD Ronald Ross Watson, Verlag: Humana Press [Englisch]
► [7] Fit mit Fett, Autoren: Dr. Ulrich Strunz & Andreas Jopp, Verlag: HEYNE, 3. Auflage, ISBN: 978-3-453-60347-9 [Deutsch]

